Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 27. Februar 2018 geurteilt, dass Fahrverbote zur Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte grundsätzlich rechtlich zulässig sind um die Qualität der Luft zu verbessern. Die Städte müssen sie zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner in Betracht ziehen. Da auch Berlin den EU-Grenzwert für die Sauberkeit der Luft an vielen Orten der Stadt nicht einhält und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) das Land Berlin auf Einhaltung der Grenzwerte verklagt hat, muss nun aller Voraussicht nach auch der Senat Fahrverbote prüfen. Ein eigenes Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts in diesem Fall wird noch vor der Sommerpause erwartet.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner geschützt wird und die Grenzwerte so schnell wie möglich wieder eingehalten werden. Um Härten für Pendlerinnen und Pendler sowie Gewerbetreibende zu verhindern, fordern wir die Automobilhersteller und die Bundesregierung auf, kostenlose, effektive Hardware-Nachrüstungen für mangelhafte Dieselmotoren anzubieten und die „blaue Plakette“ einzuführen, die sauberen Fahrzeugen auch in Zukunft die Einfahrt in geschützte Zonen sichert.
Warum sind Stickoxide überhaupt gefährlich?
Stickstoffoxide – kurz Stickoxide – sind Reizgase, die entsprechend ihrer Konzentration zu Atemnot, Husten, Bronchitis, zu steigender Anfälligkeit für Atemwegsinfekte bis hin zu einer Minderung der Lungenfunktion führen können. Jedes Jahr sterben Studien zufolge in Deutschland 10.000 Menschen vorzeitig an Stickoxid-Emissionen des Straßenverkehrs. Die Berlinerinnen und Berliner sind daher nicht hinnehmbaren Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Besonders Menschen in nicht privilegierten Wohnlagen an großen Straßen und die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft – Kinder und Kranke– sind in Gefahr.
Wie entstehen Stickoxide?
Stickoxide entstehen vor allem bei der Verbrennung in Motoren und Anlagen. Die Hauptquelle für Stickoxide in den Städten ist der Straßenverkehr- und hier vor allem die Dieselmotoren. Knapp drei Viertel der Stickoxide im Straßenverkehr entstehen in Dieselfahrzeugen.
Warum werden die Grenzwerte nicht eingehalten?
Dieselmotoren wurden in der Vergangenheit immer mehr beworben und verkauft, da die Automobilhersteller auf diese Weise die Einhaltung der Flottengrenzwerte für das Klimagas CO2 sicherstellen wollten. Der dadurch steigende Anteil von Dieselfahrzeugen an der gesamten Flotte macht es aber schwieriger, die Stickoxidgrenzwerte zur Luftreinhaltung an vielbefahrenen Straßen einzuhalten, da Dieselmotoren größere Mengen des Reizgases ausstoßen. Vor allem stellte sich aber im Dieselskandal ab 2015 heraus, dass viele Fahrzeuge auf der Straße weitaus mehr Stickoxid ausstoßen als von den Herstellern angegeben und auf dem Prüfstand getestet.
Die Automobilindustrie hat Verbraucher*innen und Gesellschaft betrogen. Profitinteressen wurden über die Gesundheit der Menschen gestellt. Die Bundesregierung hat auf ganzer Linie versagt. Sie hat zu lange Seit an Seit mit der Branche für lasche Grenzwerte gekämpft und die Einhaltung der Gesetze nicht hinreichend überprüft. Dies ist ein Fall von organisiertem Staatsversagen.
Was kann man für saubere Luft in Berlin tun?
Damit die Grenzwerte eingehalten werden, sind vor allem die Automobilhersteller und die Bundesregierung in der Pflicht. Die Hersteller müssen sicherstellen, dass ihre Fahrzeuge die Stickoxid-Grenzwerte zuverlässig auch im Realbetrieb einhalten. Dazu müssen sie Hardware-Nachrüstungen anbieten und als Verursacher des Schadens auch finanziell dafür aufkommen.
Die Bundesregierung muss eine bundesweit einheitliche Möglichkeit schaffen, saubere Fahrzeuge zu kennzeichnen. So ermöglicht die sogenannte „blaue Plakette“ sauberen Fahrzeugen die Einfahrt in besonders belastete Gebiete und schützt die Gesundheit der Anwohner*innen vor den dreckigsten Autos. Auch Besitzer nachgerüsteter Fahrzeuge könnten anschließend wieder in die geschützten Zonen einfahren.
Neben Automobilherstellern und der Bundesregierung kann aber auch der Berliner Senat zur sauberen Luft beitragen. Aktuell ist der Senat z.B. dabei, die BVG-Busse mit wirksamen Filtern auszustatten und E-Busse einzuführen, Taxis und den öffentlichen Fuhrpark auf emissionsarme Fahrzeuge umzustellen und durch Tempo 30 einen besseren Verkehrsfluss mit weniger Stickoxid-Ausstoß zu ermöglichen.
Wird es in Berlin Fahrverbote geben?
Ob es in Berlin tatsächlich zu Fahrverboten für schmutzige Fahrzeuge kommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst steht in diesem Jahr das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts an. Hier wird geklärt, ob auch Berlin Fahrverbote in Betracht ziehen muss. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutet darauf hin. Dabei muss auch geprüft werden, ob die bisher geplanten Maßnahmen die Einhaltung der Grenzwerte ermöglichen könnten. Ist dies nicht der Fall, könnte Berlin gezwungen sein, für den Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner einzelne Hauptverkehrsstraßen oder ganze Zonen für Dieselfahrzeuge zu sperren.
Wie geht es jetzt weiter? Was fordert die grüne Fraktion?
Wir Grüne werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner geschützt wird und die Grenzwerte so schnell wie möglich wieder eingehalten werden. Um Härten für Pendlerinnen und Pendler sowie Gewerbetreibende zu verhindern, fordern wir die Bundesregierung und die Automobilhersteller auf, kostenlose effektive Nachrüstungen anzubieten und die „blaue Plakette“ einzuführen, die sauberen Fahrzeugen auch in Zukunft die Einfahrt in geschützte Zonen sichert.
Mittel- und langfristig wird unsere grüne Verkehrspolitik für mehr saubere Luft sorgen:
- Mehr Radverkehr durch komfortablere und sicherere Radwege.
- Mehr öffentlicher Nahverkehr durch den Ausbau der Tram und einer gut organisierte S-Bahn.
- Mehr emissionsfreie Elektrofahrzeuge durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur.